#11282
doris harder
Moderator

Yogawerkstatt „Geh an die Orte, die du fuerchtest“
Inhalt zu 2.7.2020 Kurs 2/6 doris harder

Unsere Meditationshaltung-egal ob auf Stuhl oder am Boden sitzend – wird auch aufrechtes „Sitzen“ genannt; oder im Zen Buddhismus auch „zazen“= sitzen in Stille; oder gegenwaertiges sitzen .
Diese Zazen-Haltung (aufrechter Ruecken, die Haende entspannt auf den Oberschenkeln, das Kinn Richtung Brust und die Augen halbgeoeffnet ca 1,5 m auf den Boden vor uns gerichtet ) ist mittig, stark (niemand kann uns umstossen), offen empfangend (ohne zu werten, alles darf sein) , verletzlich (unser Brustkorb ist ungeschuetzt) , transparent (wir zeigen uns), absichtslos…Diese koerperlichen Attribute uebersetzen wir auch auf den Geist, wir wollen als ganzer Mensch verletzlich, stark, empfangend,….sein. Diese zazen Haltung auch im Alltag einnehmen sozusagen.
Wir sitzen koerperlich still, adjustieren den Koerper waehrend der Sitzeinheit nicht (von 10/15 Min oder wie lange auch immer), um das Nicht-ausweichen zu ueben. Im Alltag folgen wir schnell unseren Impulsen bei Schwierigkeiten in unsere Komfortzone zu gehen oder zu bleiben- wir reagieren (konditioniert) statt von der „Mitte her, aus der Ruhe“ den Situationen adaequat zu begegnen!
Basis Uebung: im Sitzen (oder Stehen oder Liegen) SAMATHA Meditation (zum Ankommen und Beruhigen, als Vorbereitung)
1. Atem: die Verbindung mit dem Atmen herstellen: wissen (spueren, wahrnehmen), wenn wir einatmen ….und wissen, spueren, wahrnehmen , wenn wir ausatmen. Wir SIND das Atmen. Wir manipulieren den Atem nicht, nehmen nur wahr (schnell, kurz, tief, flach,…) Dies ist der Vorgang, zu dem wir jederzeit zurueckkehren koennen. Ob im formellen Sitzen ( wo wir bewusst eine Zeit bestimmen zum Ueben) oder im Alltag, wenn wir merken, dass wir entschleunigen wollen, in die Gegenwart zurueckkommen wollen.
2. Koerper: sich erden , ankommen, indem man den Koerper spuert (Po auf Stuhl/Kissen), Haende auf Oberschenkel, …zwickt etwas, schmerzt etwas? Es wahrnehmem, wenn man moechte: Dort hinatmen.
3. Gedanken: wissen, was man denkt; Gedanken weder ignorieren/wegdruecken noch ihnen auf den Leim gehen und weiterspinnen. Gedanken gegenueber freundlich und willkommend sein, sie im Geiste „verpacken“ in eine Wolke/Watte/Licht und sie sanft weiterschicken. Ihr koennt den Gedanken auch sagen : „Ich kuemmere mich spaeter um Euch.“
4. Gefuehle: Zu Beginn arbeiten wir noch nicht mit den Gefuehlen. Auch Gefuehle nehmen wir in diesem Stadium nur wahr ( angenehm, unangenehm, neutral).

Uebung fuer Visualisieren: sehen- Wald
hoeren- Insekten, Voegel,…
riechen- Harz, Holz,..
beruehren- Borke
schmecken- Lieblingsobst

2. Uebung Visualisieren: anderen/sich selbst Kraft schicken, dies wird genannt TONGLEN (tibetisch) = Geben und Nehmen
Eine liebe Person vorstellen : was hat sie an? welche Haltung (sitzend, stehend, arbeitend,..)? , welche Taetigkeit uebt sie aus? Detailiert vorstellen; wenn ihr bereit seid,
a) beim Einatmen: die Sorgen, Krankheit, Gebrechen, Probleme dieser Person (auch detailiert) einatmen und ins Herz/Brustraum oder in euren ganzen Koerper aufnehmen
b) beim Ausatmen: schickt ihr dieser Person Kraft, Mut, Freude, Heilung,…je nachdem was gebraucht wird.
Versuchen, den Rhythmus des Ein/Ausatmens beizubehalten, bei den Bildern kreativ werden, duerfen veraendert werden.
Beendigung der Uebungen: BIlder sich aufloesen lassen, zum Atmen zurueckkommen, langsam Augen oeffnen und im Raum ankommen.
3. Uebung Selbstmitgefuehl
Die Tonglen Uebung fuer sich selbst ausfuehren.
beim Einatmen: alles, was wir an uns nicht moegen und als Fehler, Schwaechen empfinden,…. wird freundlich aufgenommen in unseren Brustraum, der weit und offen und ohne Urteil, grenzenlos,…ist
beim Ausatmen: schicken wir gute Wuensche hinaus in die Welt/zu uns selbst.
Beendigung der Uebungen: BIlder sich aufloesen lassen, zum Atmen zurueckkommen, langsam Augen oeffnen und im Raum ankommen.
Visualisierungen allgemein
jede Person sieht eigene innere Bilder; z.B. bei „Herz“ denken Mediziner an ein anatomisches Herz, das Kind an ein Lebkuchenherz, die Philosophin macht sich Gedanken ueber das Herz an sich; Schauspielern faellt ein Gedicht dazu ein, usw
Das ist natuerlich, dass wir eigene Bilder haben. Wir koennen die auch nicht kontrollieren, sie verselbstaendigen sich. In Visualisierungen kommuniziert das Unbewusste mit uns.

Visualisationen kommen in allen Traditionen vor, waren frueher geheim. Heute werden sie in vielen Bereichen benutzt: – Medizinisch (Reha, Heilung);
– beim Sport (um Leistungen zu erhoehen)
– im Beruf (um Geschaefte aufzbauen, Visionen klar zu definieren).
Wir nutzen diese Kraft–was auch immer da funktioniert, ist und bleibt wohl ein Geheimnis- sehr wenig bewusst im Alltag.

4. Uebung Arbeit mit Emotionen, bei der Emotion bleiben, sie freundlich halten/aushalten
mit Tonglen fuer sich beginnen als Vorbereitung (siehe 3.) und dann wir rufen eine Situation mit einem bestimmten Gefuehl hervor, das wir uns naeher betrachten wollen.
Emotionen haben einen gedanklichen und einen koerperlichen Anteil.
Die Gedanken, die mit den Gefuehlen sind, die entlassen wir; wir bleiben bei der puren koerperlichen Empfindung von Wut, Trauer, Freude, Scham,… je nachdem was ihre gerade bearbeiten wollt. (Vielleicht nehmt ihr euch etwas vor- und dann setzt sich ein anderes Gefuehl durch, das angeschaut werden will; ) wir spueren dieses, nehmen es war. Neu ist, dass wir dieses Gefuehl vollkommen zulassen: wir ignorieren es nicht, wollen es nicht weghaben , sondern geben ihm Raum in uns, geben ihm Aufmerksamkeit und Freundlichkeit.
Alt ist, dass wir unsere Emotionen entweder ablehnen oder sie ausleben. Man koennte meinen, dass Menschen, die ihre Emotionen ausleben, naeher dran sind an ihnen (leicht weinen; Wut herauslassen;…) Emotionen herauslassen- wo sie nicht hingehoeren oder nicht eine angemessene Antwort auf eine Situation sind- ist in unserer Definition ebenfalls ein „sie-nicht haben/spueren-wollen“. Wenn Emotionen raus muessen- will man sie nicht haben, es ist zu schmerzlich, sie spueren zu muessen. Deshalb ueben wir den 3. Weg: sie freundlich zulassen.
Beendigung der Uebungen: BIlder sich aufloesen lassen, zum Atmen zurueckkommen, langsam Augen oeffnen und im Raum ankommen.
Allgemein: wir beginnen mit uns und unseren Themen und ueben das Nicht-Ausweichen. Wir stellen uns dem, was kommen mag und halten es aus. Wir ueben das formell (im Kurs oder fuer uns in einem sicheren Raum) und spaeter auch im Alltag, wenn wir herausgefordert sind und in der Situation bleiben statt wegzulaufen. Es ist ein Geistestraining, wir ueben an und mit unserer Resilienz, um bewusst Staerke abgeben zu koennen , wo sie gebraucht wird. Ein Prozess des Heilens, Ganz werdens, Ausschoepfen unserer geistigen und spirituellen Faehigkeiten.