Shesha, der pranische Nachhall

Shesha ist Sanskrit und bedeutet „das, was überbleibt“.

Im Kontext der Hinduistischen Tradition wird mit Shesha der König der Nagas (Schlangengott) gemeint, der eines der Ur-Wesen in der Entstehung der Welten darstellt. Daher wird er meistens auch Adi-Shesha oder Ananta-Shesha genannt (Adi = Ur; Ananta = Endlos)

Da Shesha, das ist, was überbleibt, ist es meistens subtil, fein, wie ein Restgefühl oder Restgeschmack.
Es ist wie ein Fußabdruck im nassen Sand, der nach und nach vom Wasser weggeschwemmt wird.
Oder wie ein Nachhall eines OM, dem Urlaut und Mantra, das wir tönen.

Wo finden wir Shesha in unserer Yoga Übungspraxis? 

Zuallererst beim Atem.

Wenn wir einatmen und sich die Lungen füllen und der Brustkorb weitet, entsteht ein „Abdruck“ in unserem Nervensystem, welcher subtil nachhallt, obwohl wir schon wieder ausatmen.
Ebenso hinterlässt die Ausatmung einen Abdruck im feinstofflichen Gewebe, dass wir nachspüren können, obwohl wir wieder einatmen.
Es fällt uns praktisch nie auf, weil unsere Aufmerksamkeit sofern vorhanden, schon beim nächsten Atemzug ist.

Ein Beispiel aus den Yogapositionen ist der Wechsel von der aufschauenden in die herabschauende Hundehaltung.

Wenn wir es einmal wagen, den aufschauenden Hund länger zu halten als nur einen halben Atemzug, also gute 5 Atemzüge, dann bleibt ein gut wahrnehmbares Restgefühl im abschauenden Hund, fast so, als würden wir beide Stellungen gleichzeitig halten.

Shesha können wir auch am Ende unserer Praxis erfahren, wenn wir uns in die Ruhestellung Shavasana legen und all das, was von der Praxis überbleibt, in der Wahrnehmung auftaucht. Wir müssen nichts mehr hinzutun, können im Restgefühl liegen. So wie Räder eins Autos ausrollen, nachdem die Kupplung betätigt wurde.

Was können wir von Shesha lernen?

Es macht uns deutlich, dass alle Dinge ineinanderfließen und keine harten Grenzen haben, auch wenn es so scheint. Alles was wir tun, wird zum Nährboden für unsere weitere Entwicklung. Jede Begegnung hinterlässt einen Abdruck, den wir mehr oder weniger in uns aufnehmen.

Shesha hat keinen Namen und braucht keinen Namen.

Sobald wir „es“ einen Namen geben, wird es schwer das Ding an sich zu erfahren, denn der Verstand glaubt es zu kennen, weil er den Namen weiß.